DAV Sektion Niederelbe-Hamburg

Rolfs ÖTZTAL-Tagebuch

Ausschnitte aus Rolfs Ötztal-Tagebuch
22.07.01
Punkt 14.00 h treffen wir uns an der Kirche in Obergurgl, unser Bergführer Paul Huber aus Kappl, einige für mich neue Gesichter, wie Renate, Dietrich und Joachim, aber auch die mir von anderen Touren bekannten Beate, Henry und Ecki.
Intensive Ausrüstungskontrolle, damit uns ein ähnliches Malheur wie im letzten Jahr im Wallis nicht wieder passiert, und dann marschieren wir bei herrlichem Wetter zur Langtalereck-Hütte. Natürlich werden wir an diesem Tag überhaupt nicht gefordert.

23.07.01
Um 08.00h marschieren wir ab, um den Vorderen Seelenkogel (3290 m) zu besteigen. Langer Anmarsch, dann geht's steil über Moränen, Geröll, Schneefelder und Gletscher an den Grat zwischen Vorderem und Mittlerem Seelenkogel.

Blick über den Seelenferner auf den Vorderen Seelenkogel
Die folgende etwa 1 km lange Gratkletterei ist für einige von uns recht schwierig. Denn auch wenn wir am Seil gesichert gehen, lässt uns Flachländler aus der Norddeutschen Tiefebene die Kletterei über steilem Abgrund nicht unbeeindruckt. So kommen wir nur langsam voran.

Blick über den langen Grat auf den Vorderen Seelenkogel
Als wir um 17.00 h wieder an der Hütte ankommen, sind aus den geplanten Gehzeit von 4,5 Stunden am Ende 9 Stunden Gehzeit geworden, und einige haben dann auch gerechtfertigte Zweifel, ob es sich bei dieser ersten Tour tatsächlich um eine Eingeh-Tour gehandelt haben kann.

Rast an der Langtalereck-Hütte nach Ende der "Eingeh-Tour"

24.07.01
Das für heute geplante Programm: Übersiedlung zur Ramol-Haus mit Besteigung des Hinteren Spiegelkogel (3426 m) wird unter dem Eindruck der gestrigen Tour korrigiert. 
Wir streichen die Besteigung des Hinteren Spiegelkogel und belassen es bei dem Wechsel zum Ramol-Haus (3006 m). An der Flanke des Gurgler Ferner steigen wir auf und überqueren dessen Gletscherzunge an gewaltigen Gletschertoren vorbei in 2600 m Höhe. Die letzten 400 m mit sehr steilem Aufstieg fordern noch 'mal alle Anstrengung.

Kurze Pause bei der Querung des Gurgler Ferner
Nach 2 Stunden Mittagspause beginnt der Technik-Unterricht bei Paul: Halbmastwurf, Mastwurf, Prusik-Knoten (auch der gesteckte), Seilrolle und allerlei Tricks und Geschichten zur Spaltenbergung.
Das 3-Gänge-Menü am Abend erhält bestenfalls die Gesamt-Note "ausreichend". Denn die Erbsen-Reis-Suppe ist in erster Linie nur warm, der Schweinebraten mit Sauerkraut und Salzkartoffeln mäßig, und den Schokoladen-Pudding lassen die meisten von uns nach 1-2 Löffelproben unberührt, was für sich spricht.

25.07.01

06.30 h Wecken, 07.00 h Frühstück, 08.15 h Abmarsch im Nebel zum Schalfkogel (3540 m): langer und beschwerlicher Aufstieg über Schneefelder mit gefährlicher Hangneigung und über lange, felsige Grate.

Blick über den Gurgler Ferner zur Hohen Wilde und dem Schalfkogel
Um ca. 13.30 h sind wir auf dem Gipfel und haben leider nicht die erhoffte schöne Rundumsicht. Der Nebel legt sich erst am frühen Nachmittag, als wir längst auf dem Rückweg sind.

Um 16.30 h sind wir zurück auf der Hütte. Nach einem großen Radler heißt es auf der Terrasse zu relaxen. Heute ist Duschen angesagt, dem sich niemand entziehen darf, damit wir alle 'mal wieder gut riechen. Leider ist nur noch eiskaltes Wasser da als ich an der Reihe bin. Auch einigen weiteren ergeht es ebenso.

Blick auf den Schalfkogel
Das abendliche 3-Gänge-Menü kommt wieder nicht an die Qualität des Menüs in meinem Obergurgler 4-Sterne-Hotel Bellevue heran. Wie sollte es auch?
Es gibt Suppe mit Graupen, Kässpätzle aus der Pfanne mit geriebenen Möhren und als Dessert Obstsalat. Wiederum nicht der Hit!

26.07.01
Abmarsch wieder um 08.30 h.
Nach der kritischen Haltung einiger "Gäste" bezüglich der Schwierigkeiten der Master-Wanderungen ist für heute ein eher kleines Programm geplant. 

Wir wandern über den Ramolferner auf den Nördlichen Ramolkogel (3428 m). Wegstrecke per Luftlinie ca. 3 km über Gletscher, Schnee und ganz wenig Fels. Wir gehen am Seil; denn der Weg ist streckenweise recht steil. Vom Gipfel haben wir leider nicht die tolle Rundumsicht, weil immer wieder dichter Nebel alles verbirgt.

 Eine gewaltige Wächte wird natürlich nur am Seil gesichert betreten.

Um 13.30 h sind wir zurück an der Hütte, und nach ausgedehnter Mittagsrast treffen wir uns um 15.00 h zur technischen Ausbildung: Flaschenzug, Express-Flaschenzug, Seilrolle. Die Umwandlung von Halbmastwurf in einen Mastwurf bleibt dabei lange Pauls Geheimnis, bis wir dann allmählich nach vielen Fehlversuchen auch endlich Erfolg haben.

Nach einer Gipfelrast steigen wir einzeln mit Steigeisen am Seil gesichert hinab.
Unser Abendessen beginnt mit der schon von gestern bekannten Suppe mit Graupen, dann folgt Schweinebraten mit Rote Bete und Reis, und zum Dessert bereitet uns der Koch auf unseren besonderen Wunsch Apfelstrudel, wodurch er uns mit den vielen Unzulänglichkeiten versöhnt.
Wie üblich folgt die Tagesbesprechung und Planung für den nächsten, den letzten Tag. Krönung des Tages ist die "Ehrung" der Bergsteiger, d.h. Vergabe von Noten für die Leistungen der vergangenen Tage und die Verleihung von "Pickeln" und Plaketten in Bronze, Silber und ...

Pauls Notenstufen:

Note 1  ... der liebe Gott
Note 2  ... der Bergführer
Note 3  ... gibt's nicht
Note 4  ... der Hilfsbergführer
... alle anderen erhalten die Note "ungenügend"!

27.07.01
05.45 h Wecken, Beobachtung des herrlichen Sonnenaufgangs um 05.50 h, kalte Wäsche, 06.30 h Frühstück: 2 Scheiben Graubrot und schwarzer Tee
Marsch-Proviant: 1 l schwarzer Tee für die Thermosflasche, 2 Scheiben Käse/Wurst für die Gipfelrast
Kurzer Anmarsch zum Ramoljoch (3186 m): steiler Aufstieg über eine endlose Leiter und dann über eine 60 Grad (?) steile Schneeverwehung am Joch. Nach kurzer Fels-Grat-Kletterei schnallen wir die Steigeisen an und erreichen so schnell den Gipfel des Hinteren Spiegelkogels (3426 m). (Die beiden hübschen, jungen Holländerinnen sind bereits da.) Gipfelrast bei herrlicher Rundumsicht.
Im Abstieg ist die Riesen-Schneewehe nur "mit Gesicht zur Wand" zu meistern. Ca. 12.00 h sind wir zurück auf dem Ramol-Haus, machen kurz Pause, packen alle Ausrüstung und steigen ab nach Obergurgl, wo wir um 15.30 h eintreffen. Nach einer abschließenden Einkehr in einem Gasthof trennen wir uns.
Mein Fazit: Eine Klasse-Tour! Wenn es möglich ist, dann bin ich im nächsten Jahr wieder dabei!
Rolf Thiedemann
Die Bilder verdanken wir unserem Bergführer Paul Huber.   www.alpinschule-tirol.at

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THI 14.09.01/28.12.01