DAV Sektion Niederelbe-Hamburg

Nachrichtenblatt Nr. 1/02

Wandern auf Madeira im Oktober 2001

Steile und schroffe Berge, Ausblicke in tiefe dunkle Täler und auf den blauen Atlantik. Eine immergrüne Insel, reich an botanischen Raritäten, so ist von Madeira zu hören und zu lesen. Diese Insel einmal zu erwandern, stand schon seit einigen Jahren auf meiner Wunschliste.

Der Leiter der Sektion Göttingen, Hans-Jürgen Zobel, wusste von meinem Wunsch, und lud mich zum geplanten Flug mit 15 weiteren Personen nach Madeira ein. In Funchal stand uns ein Vertreter der Naturfreunde Madeira zur Seite, der auch für Unterkunft und Verpflegung gesorgt hatte. Fahrzeuge wurden auch von ihm gestellt.
Wie wechselhaft die Witterung sein kann, zeigte sich schon am ersten Tag beim Besuch des Botanischen Gartens. 23oC bei Sonne und Regen. Neben der prächtigen Pflanzensammlung bietet der Garten auch einen schönen Ausblick auf Funchal. Man blickt auf den Hafen und die Altstadt, sieht aber auch auf die Brücken und Tunnel, die in den vergangenen Jahren mit Hilfe der EU gebaut wurden. Bei diesem unschönen Anblick muss man bedenken, wie wichtig diese Umgehungsstraßen sind, um Funchal vor einem Verkehrsinfarkt zu bewahren. Weiterhin besuchten wir den Ort Monte oberhalb von Funchal und seine doppeltürmige Wallfahrtskirche mit der Grabstätte des letzten österreichischen Kaisers Karl von Habsburg.

In Camara de Lobus ging es zum alten Fischereihafen. Hier hat Winston Churchill Motive für seine Malerei gefunden. Hier wurde auch 1998 das Flaggschiff von Christoph Columbus, die Santa Maria, nachgebaut. Höhepunkt war das "Cabo Girào" mit einer 580m hohen Steilwand westlich von Funchal. An den Südhängen findet man nur noch wenig natürliche Vegetation. Alles ist bebaut oder auf den vielen TerrassenfeIdern werden die unterschiedlichsten Früchte angebaut. Am wichtigsten ist hier der Wein. Aber auch Obst, Bananen und Zuckerrohrplantagen prägen das Landschaftsbild.

Was wäre Madeira ohne eine sogenannte Hochgebirgswanderung? Man muss zum Ausgangspunkt fahren, und ist damit schon auf einer Höhe von 1800m und mitten in den Wolken mit viel Nässe. Der nahe Gipfel des "Pico Areiero" ist schnell erreicht. Bis hier kommen wohl die Touristen, weil der Weg gepflastert und mit Drahtseilen gesichert ist. Weiter geht es auf einem mehr oder weniger gut gestuften Weg im Auf und Ab über die Flanke des Pico da Torre (1860 m) in Richtung Pico Ruivo. Wir hatten leider nur wenig Aus- und Tiefblicke auf dieser Tour, weil Wolken von Nordwest sich an den Wänden stauten. Wir hatten das seltene Erlebnis, einen kreisrunden Regenbogen zu sehen. Der nächste Tag war dafür um so angenehmer. Zunächst brachte uns die Gondelbahn nach Monte. Weiter führte uns ein Levadaweg bis nach Camacha. Diese Wanderung brachte uns die ländlichen  Gebiete oberhalb der Hauptstadt Funchal näher. Ein botanisch interessanter Weg.

An der Hangseite der wasserführende Kanal, teilweise überwuchert von Madeiraheidelbeeren, Mimosenakazien, Baumheide, Lorbeer und Stechginster. An der anderen Seite ein mehr oder weniger breiter Weg mit Tiefblick. Bewachsen mit der afrikanischen Liebesblume (Agapantus), Hortensien, Belladonnalilien und vielen anderen Blumenstauden. In Richtung Camacha ändert sich das Bild.

Wir sind hier von Eukalyptusbäumen, Kiefern, Eiche und verschiedenen Lorbeerbäumen umgeben. Am Ort Kopfweiden, Baumfarne und Gemüse. Camacha ist das Zentrum der Korbflechter. Zu einer Inselrundfahrt "West" nach Porto Moniz kommen wir über eine Hochebene mit einem völlig anderen Landschaftsbild. Auf 1400m Höhe verläuft die Straße fast gerade. Ziegen und Schafe, vereinzelt auch Kühe, weiden zwischen Steinen, Stechginster und Farnen. Der Wind treibt Nebelschwaden über die eintönige Landschaft. Das hatte ich auf der Blumeninsel im Atlantik nicht erwartet. In Richtung Küste windet sich die Straße in einigen Kehren hinunter. Wir halten mehrmals an, um die Nordwestpassage und die Lage der Orte zu überblicken. Die schwarzen Felsspitzen, das blaue Meer und die weiße Gischt ergeben ein herrliches Bild. In Sào Vicente besuchen wir noch die Lavagrotten. Von Machico-Ribeira Seca beginnt eine Nordküstenwanderung nach Porto da Cruz. Wir gehen zunächst gemütlich leicht ansteigend durch fruchtbare Felder und Weiden. Auffällig sind hier die kleinen, teils mit Stroh oder Blech bedeckten Hütten, in denen 1 oder 2 Kühe in fast völliger Dunkelheit stehen.

Je mehr wir uns der Boca do Risco nähern, umso rauer wird die Witterung. Regen und Wind kommen uns entgegen. und unter uns donnert der Atlantik gegen die Felsen.

Der Weg leitet uns hoch über die Nordküste entlang nach Porto da Cruz. Wir haben einen herrlichen Ausblick auf die Halbinsel San Lorenco und westlich auf den Adlerfelsen. Curral das Freiras = das Tal der Nonnen, ist ein weiteres Wanderziel. Es ist ein enges, von senkrechten Felsen begrenztes Tal. Gute Ausblicke auf die Berge soll man von der Passhöhe haben. Für einen Moment war der Blick auf den Pico Grande (1675m) frei. Wir steigen steil durch einen Kastanienwald ab zum Dorf. Wir sind froh im Ort zu sein, denn beim Mittagessen regnet es unablässig. So schön dieses Tal auch anzusehen ist, aber wohnen möchte ich hier nicht. Wie angenehm ist da am Nachmittag die Küstenfahrt mit der "Santa Maria" im tintenblauen Meer. Canical ist ein deiner Ort, an der Ostseite am Anfang der Halbinsel San Lorenco gelegen. Früher war hier eine Walfangstation. Heute hat sich Madeira dem Schutz der Meeressäugetiere verschrieben. Eine Wanderung auf dieser baum- und strauchlosen Insel ist dennoch lohnend.

Mit einer Levadawanderung beenden wir unseren Besuch auf de Insel. An einer Aussichtsstelle erkennen wir unter uns die verstreut liegenden Wohnhäuser, und im Norden sehen wir den Adlerfelsen vor dem blauen Meer. Bei der Rückfahrt an der Ostküste bei Machico blickt man auf den neuen Flugplatz, von wo am nächsten Morgen die Rückreise beginnt.

Gerhard Elbers

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THI 27.12.01