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DAV Sektion Niederelbe-Hamburg |
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Nachrichtenblatt Nr. 4/2001 |
Meine Wanderung durchs Verwall |
vom 25. bis 31. August 2000 |
Das Verwall war für mich und meine Wanderungen bisher uninteressant, gab es doch nach meiner Auffassung lohnendere Ziele, wie die Tauern, die Ötztaler, Stubaier und den Kaiser, mein Leib- und Magengebirge. Ich habe aber als Mitglied der "Niederelbe" immer wieder die Berichte über unsere Hütte, die Wirtsleute Rudigier und die Erlebnisse der Sektionsgruppen gelesen, was mich mehr und mehr neugierig gemacht hat. Weil aber mit zunehmendem Alter die "Gefahr" größer wurde, Bergtouren aus gesundheitlichen Gründen aufgeben zu müssen, ging es im letzten Jahr endlich los - ins Verwall. |
Ich überzeugte meine zuverlässigen Bergfreunde Marion und Peter Lohmann (auch "Niedereibe") und Arthur Ahrens von der Notwendigkeit einer Wanderung im Verwall, und so fuhren wir am 24. 8. mit dem Nachtzug Richtung Verwall, wo wir nach zweimaligem Umsteigen und bei herrlichstem Sonnenschein den Ort Kappl erreichten. |
Nach der Mittagspause der Liftboys schwebten wir hinauf zum Gasthof Dias, nahmen dort auf der Terrasse einen kleinen Imbiss zu uns, zischten ein kühles Weizenbier dazu und hatten auf diese angenehme Weise unseren ersten Kontakt mit dem Verwall. Endlich rafften wir uns auf, weiterzugehen und erreichten über den schönen Panoramaweg nach gut 2 Stunden unsere Niederelbehütte. |
Der 26.8. war Eingewöhnungs- und Ruhetag, aber so ganz ohne Bergtour mochten wir nicht bleiben. So sind wir nach ausgiebigem Frühstück ohne Gepäck zum Touristenberg der Hütte, dem Kappeler Kopf, aufgestiegen. Wir genossen den Tiefblick ins Tal und den Weitblick gegen die umliegenden und ferneren Berge. Peter gab einen aus, worauf wir nicht vorbereitet waren, weshalb Arthur und ich uns abends mit zwei weiteren Runden revanchierten. |
Wir zogen weiter ein Stück Richtung Kieler Wetterhütte, zunächst vorbei an herrlich blühenden Blumen, von denen uns besonders die hellgelben Blüten der Gebirgsfeste auffielen, dann erreichten wir den ersten Schnee. Später als geplant wanderten wir dann zurück zur Hütte. |
Wir saßen lange mit dem alten Hüttenwirt, Herrn Rudigier, zusammen und lauschten seinen vielen Geschichten aus seinem Leben. Er erzählte u. a., dass es im Verwall noch um die 700 Steinböcke gäbe. Für den nächsten Tag hatten wir uns die Kreuzjochspitze vorgenommen, weshalb wir Herrn Rudigier nach den Wetteraussichten fragten. Nach seiner Meinung könnte es sich nachmittags verschlechtern. |
Der Morgen des 27. begann mit blauem Himmel, wir verließen die Hütte um 8 Uhr. Nach anfänglich teilweise recht steilem und rutschigem Weg erreichten wir einen kleinen Eissee, wo wir uns, umgeben von herrlichsten Frühlingsenzianen, die erste Rast gönnten. Ober Schotter erreichten wir dann nach etwa 21/2 Stunden den Gipfel. Leider hatten wir aber nur fünf Minuten Zeit für einen Rundblick, schon hüllte uns ein dicker Nebel ein, der aus allen Tälern heraufstieg. Es wurde empfindlich kühl, wir stiegen ab, wurden dann aber bestens entschädigt: am Grat vom Kreuzjoch standen fünf Steinböcke, dabei auch ein ansehnlicher Bock. Schnell ein Foto, dann weiter Abstieg, um 1 Uhr erreichten wir die Hütte. Keine Viertelstunde später traf die Voraussage von Herrn Rudigier ein - Gewitter, Hagel, Regen. Waren wir froh, in Sicherheit zu sein und einen warmen Unterschlupf zu haben. |
Abends dann gemütliches Zusammensitzen mit Helmut, der uns eine Flasche Wein spendierte. Hierbei erfuhren wir dann, dass er im Winter bei einem Kontrollgang massiv von einem Verbrecher bedroht worden war, der aus einem Gefängnis entflohen war. Dank der Umsicht seiner Frau waren bald Polizisten zu Stelle. All zu große Angst habe er aber um sein Leben nicht gehabt, denn er wisse genau, dass der Herrgott jedem Menschen eine bestimmte Lebensdauer gegeben habe, und erst, wenn er dieses Stück Band abschneide, sei das irdische Leben zu Ende. Eine Lehrstunde für alle Überängstlichen, darüber einmal nachzudenken. Nach diesem anstrengenden Tag und diesen tiefsinnigen Gesprächen und Erkenntnissen fielen wir todmüde in unsere Betten. |
Am nächsten Morgen - Regen! Uns beruhigt aber die Aussage von Herrn Rudigier, dass es ab Mittag wieder besser werden würde. Wir marschierten also auf dem Panoramaweg des ersten Tages zurück bis zur Abzweigung Schmalzgrubenscharte. Danach wurde der Weg immer steiler, die Serpentinen immer kürzer und die Rucksäcke immer schwerer. Als Belohnung für diesen Anstieg trafen uns oben dann die ersten Sonnenstrahlen. Da sage noch jemand, Hüttenwirte könnten das Wetter nicht vorhersagen! Ober den Rifflerweg führte der Weg vorbei am Schmalzgrubensee zur Edmund-Graf-Hütte. Das Wetter wurde immer besser, und bald sahen wir unser morgiges Ziel, das mächtige Riffler-Massiv. Unten sahen wir die Hütte im hellen Sonnenschein, ein kleiner Teich daneben ließ uns an abends frische Forellen denken, aber leider war es nur ein Spieltümpel für Kinder. Das erste Bier des Tages genossen wir trotzdem, zumal bei dem wunderbaren Sonnenschein. Das gab Hoffnung auf den nächsten Tag, lag doch der Höhepunkt unserer Bergtour noch vor uns. |
Anderntags ... Sonne! Sie lockte uns früh aus den Betten, nach einem kurzen Frühstück marschierten wir los. Man kann ja nie wissen, ob das Wetter bleibt oder sich verändert. Unsere bewährte Tempomacherin Marion führte uns mit gleichmäßigem Schritt und ohne Pause bis an den Gletscherrand zwischen dem Kleinen und Großen Riffler auf etwa 3000 m Höhe. Nach kurzer Rast erreichten wir den Gipfel 21/2 Stunden nach Aufbruch von der Hütte. Enttäuscht hat uns alle, dass das Gipfelkreuz auf dem Nebengipfel stand, den wir nur mit Seilsicherung hätten erreichen können. Dafür gab es auf unserem Gipfel einen Kasten mit Gipfelbuch. Der Lohn aller Mühen war die wunderschöne Aussicht auf die Bergwelt und der beeindruckende Tiefblick ins Stanzertal. Dem Wetter sei Dank. Im Abstieg pausierten wir lange auf einer weichen Bergwiese und genossen die warme Sonne, die klare Bergluft und den schönen Tag. Der Durst auf ein kühles Weizenbier ließ uns dann unruhig werden und trieb uns zurück zur Hütte. Todmüde und glücklich fielen wir abends in unsere Betten. |
Der letzte Tag im Verwall war gekommen, wir gingen mit besten Erinnerungen. Gemütlich stiegen wir zur Vorderen Malfonalpe ab, tranken dort jeder ein Glas Milch und erreichten irgendwann Pettnau. Unser Blick ging zurück auf den Hohen Riff ler und ließ uns kaum glauben, dass wir gestern dort oben gestanden haben. |
Was ist vom Verwall hängen geblieben? Auf jeden Fall "unsere" Hütte mit den freundlichen Rudigiers und dem wetterfesten alten Herrn. Die Wege sind anstrengend, aber dank der vielen Blicke ins Tal sehr schön. Gekommen ist uns die Lust, die anderen Wanderwege auch noch zu "machen", ein zweiter Besuch ist deswegen durchaus möglich. |
Mit Bus und Bahn ging es über Innsbruck und Seefeld über eine der schönsten Bergbahnstrecken Österreichs nach Mittenwald. Damit endete nicht nur eine wunderbare Bergwoche, sie bekam auch einen ebenso gelungenen Abschluss: wir fuhren weiter in den Spessart zum 65. Geburtstag eines Wanderkameraden und hatten dort viel zu erzählen. Prost und Berg Heil. |
von Erich Thiele |
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THI 02.09.01 |